Auf der Art Cologne präsentiert Schönewald Fine Arts aus Düsseldorf ein Werk, das in seiner Reduktion ebenso klar wie rätselhaft ist: die Rote Muschel von Katharina Fritsch. Die Bildhauerin zählt zu den bedeutendsten Künstlerinnen ihrer Generation – international vertreten, formal radikal, ikonisch in der Farbgebung. Ihre Skulpturen verbinden Perfektion und Irritation, Nähe und Distanz.
Seit über drei Jahrzehnten begleitet Schönewald Fine Arts das Werk von Katharina Fritsch. Die Düsseldorfer Galerie zeigt Arbeiten, die Wahrnehmung und Material neu denken. Internationale Aufmerksamkeit erhielt Fritsch 1987 mit ihrer leuchtend gelben Madonna beim Skulptur-Projekt Münster – einem Abbild einer kleinen Lourdes-Figur, monumental vergrößert und mitten in der Stadt platziert. Dieses Werk markierte ihren Durchbruch. Heute sind ihre Skulpturen in bedeutenden Museen und Sammlungen weltweit vertreten, darunter im Schaulager Basel mit Arbeiten aus der Sammlung von Maja Oeri.
Kennzeichnend für Fritschs Skulpturen ist die makellose, monochrome Oberfläche, die vertraute Formen verfremdet. In dieser Spannung zwischen Nähe und Distanz entsteht eine fast hypnotische Wirkung. Durch präzise Reduktion verdichtet Fritsch ihre Motive bis an die Grenze des Erkennbaren – Sinnbilder, die sich im kollektiven Gedächtnis verankern.
Im Mittelpunkt des Auftritts auf der Art Cologne steht Fritschs Rote Muschel, Teil einer Werkgruppe, die das Vanitas-Motiv aufgreift. Die Muschel, traditionell Symbol für Leben und Geburt, wird hier zugleich zu einem Sinnbild von Verletzlichkeit und Vergänglichkeit. Mit eigens entwickeltem Autolack verleiht Fritsch ihr eine Oberfläche von industrieller Präzision und zugleich verführerischer Weichheit. Das changierende Rot fasziniert zwischen Härte und Verführung, Schönheit und Bedrohung.
Fritschs Skulpturen sprechen den Tastsinn ebenso an wie das Auge. Die makellose Oberfläche der Roten Muschel provoziert das Bedürfnis, sie zu berühren. Doch die Distanz bleibt – das Objekt verweigert Nähe, obwohl es sie einfordert. Für eine jüngere Generation von Kunstbetrachterinnen und -betrachtern eröffnet sich damit ein neuer Zugang zur Skulptur. Fritschs Kunst arbeitet nicht mit Erzählung, sondern mit Präsenz.
Die Rote Muschel steht exemplarisch für Katharina Fritschs Werk: präzise im Material, offen in der Deutung, konsequent in der Form. Zwischen industrieller Oberfläche und symbolischer Tiefe entsteht ein Spannungsfeld, das sich der schnellen Interpretation entzieht. Schönewald Fine Arts setzt mit dieser Präsentation ein klares Zeichen für die Kraft der Bildhauerei im 21. Jahrhundert.